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PLANUNG UND VORSCHRIFTEN

BAU- UND VERWALTUNGSRECHT

Bau- und Verwaltungsrecht

Baurecht auf den Balearen – und im Vergleich zu Deutschland: Warum in jeder Gemeinde andere Regeln gelten

Auch wenn die Balearen auf Landesebene (Comunitat autònoma de les Illes Balears)

einen einheitlichen Rahmen schaffen, bleibt das kommunale Baurecht der entscheidende Faktor. Das überrascht aus deutscher Sicht, denn die Bundesländer regulieren mit den Landesbauordnungen die Baugenehmigungsverfahren sehr strikt, so dass im gleichen Bundesland überall dasselbe Verfahren angewendet wird.

Das vereinfacht in Deutschland Verwaltungsvorgänge erheblich – bzw. lässt sie auf Mallorca gelegentlich recht konfus erscheinen.

Einheitlicher Rahmen – nationale und regionale Gesetzgebung auf den Balearen

Den rechtlichen Rahmen für das städtebauliche Planungs- und Verwaltungsrecht bilden.

  • Ley de Suelo (7/2015), letzte Fassung BOE núm. 261, 31 de octubre de 2015.

Es regelt die rechtliche Nutzung des Bodens, bestimmt, welche Flächen bebaubar, geschützt oder ländlich bleiben, legt Verfahren für Erschließung und Bau fest und definiert Eigentümerpflichten wie Erhaltung und Gemeinwohlbeiträge.

  • Ley de Ordenación de la Edificación (LOE, 38/1999) BOE Nr. 266 6. November 1999.

Es regelt die Anforderungen an Bauwerke sowie die Verantwortlichkeiten aller Beteiligten: Bauherr, Architekt, Ingenieur und Bauunternehmer, und legt Gewährleistungsfristen fest.

  • Ley de Urbanismo de las Illes Balears (LUIB, 12/2017) BOIB Nr. 160, 29. Dezember 2017 (ehemals LOUS)

Es regelt die Raum- und Stadtplanung auf den Balearen. Es definiert Bodenkategorien, Zuständigkeiten der Gemeinden und Verfahren für Bauleitpläne, Genehmigungen und Sanktionen. Ziel ist neben anderem die Rechtssicherheit für Eigentümer, Investoren und Verwaltungen bei der Nutzung und Bebauung von Grundstücken.

  • Plan Territorial de Mallorca (PTM) letzte Fassung BOIB núm. 73, 03 de junio de 2023

Dies ist der Raumordnungsplan für Mallorca. Er wurde 2004 vom Consell de Mallorca erstellt und legt fest, wie Boden genutzt, geschützt und entwickelt werden darf. Er dient als Leitrahmen für die kommunalen Bauleitpläne (PGOU, NNSS).

Damit gelten grundsätzlich dieselben Regeln für die gesamte Insel. Doch die Hoheit über die Details – wie konkrete Bauvorschriften, Interpretationen und Verfahrensweisen – liegt bei den Gemeinden.

Kommunale Unübersichtlichkeit

In jeder der über fünfzig Gemeinden gilt ein eigenes Planejamet General. Dieses Planejament ist entweder ein Plan General de Ordenaza Urbanistica (PGOU), also ein umfassender und gültiger Bebauungsplan, oder es gelten NNSS (Normas Subsidarias) – ein subsidiäres Regelwerk oder ähnliches.

Stand 2025: Einen ‚echten‘ PGOU gibt es in 4 von 53 Gemeinden und nur 9 haben sich an den Plan Territorial Insular de Mallorca (PTM) angepasst. In 22 Gemeinden werden gerade Änderungen vorgenommen und es gelten Übergangregeln.

  • Eigene Normen und Parameter
    Jede Gemeinde auf Mallorca verfügt also über ihren eigenen städtebaulichen Plan (PGOU, NNSS oder vergleichbare Instrumente) und damit über eine eigene Auslegung und Definition zentraler Parameter. Aspekte wie Baudichte, Volumen oder Grundstücksauslastung können von Rathaus zu Rathaus unterschiedlich berechnet werden. Das führt zu einer erheblichen Vielfalt an Vorgaben auf der Insel.
  • Viele Baugebiete (Urbanizaciones) wurden im letzten Jahrhundert von privaten Investoren praktisch ohne Infrastruktur entwickelt. Manche verloren die Baurechte und wurden unbebaubar, andere blieben rechtlich bebaubar, aber ohne Wasser- und Kanalanschluss. Oft kann oder will die Politik nicht in die völlig verfahrenen Situationen klärend oder regulierend eingreifen.
  • Unterschiedliche Verwaltungsprozesse
    Auch wenn alle Gemeinden auf der Grundlage des LUIB handeln organisiert jedes Rathaus den Ablauf des Baugenehmigungsverfahrens individuell: Welche Unterlagen gefordert werden, zu welchem Zeitpunkt sie einzureichen sind und in welcher Reihenfolge – all das ist nicht einheitlich geregelt. Das macht die Verfahren unübersichtlich, mitunter auch bei den Mitarbeitern im Rathaus – und erfordert eine sorgfältige Anpassung an die jeweilige Gemeinde.
  • Variierende Effizienz
    Zusätzlich unterscheidet sich die Effizienz der Bearbeitung erheblich. Manche Gemeinden prüfen Unterlagen zügig und erteilen Genehmigungen innerhalb überschaubarer Fristen, andere benötigen deutlich mehr Zeit oder verlangen zusätzliche Nachweise. Wieder andere haben gerade kein Personal verfügbar oder sind allgemein überfordert. Die Wartezeit auf eine Baugenehmigung hängt daher in großem Maße von der jeweiligen Gemeinde ab.
  1. Vergleich mit dem deutschen System

In Deutschland erlassen die Bundesländer Landesbauordnungen (LBO), möglichst nach einer Musterbauordnung, z.B. Hessen die HBO. Wer in Hessen baut durchläuft dasselbe Verfahren, egal ob in Frankfurt oder in Dorfhausen. Die einzelnen Bebauungspläne regeln dann neben dem städtebaulichen Entwurf nur noch wenige Parameter und haben mit dem Genehmigungsverfahren einzelner Projekte nur in besonderen Ausnahmen etwas zu tun.

  • Antragsformulare, Unterlagen und technische Anforderungen folgen der LBO. Die Verfahren sind standardisiert, die Fiktion der Fristen wird beachtet.
  • Eine LBO stellen klare Regeln auf für vereinfachte Verfahren oder Freistellungsverfahren mit kürzesten Fristen, in denen den Architekten größere Verantwortung zukommt und die die genehmigenden Behörden entlasten.
  • In Spanien gibt es nicht das Instrument der Bauvoranfrage oder Teilbaugenehmigung! Hier gibt es entweder mündliche Zusagen aus Gesprächen mit Personal (das nach der nächsten Kommunalwahl ausgetauscht sein könnte) oder erteilte Baugenehmigungen.

Fazit: Lokale Kenntnis ist wertvoll.

Obwohl es eine gemeinsame Gesetzesgrundlage auf den Balearen gibt, sind die kommunalen und lokalen Unterschiede groß. Wer ein Projekt plant, sollte unbedingt die lokalen Vorschriften und Verwaltungsabläufe kennen und sich auch auf mallorquí darüber austauschen können.
Ein Architekt oder Team mit lokaler Erfahrung in der jeweiligen Gemeinde sind daher viel wichtiger als in Deutschland, wo die Genehmigungsverfahren vereinheitlicht sind.